Bei den Weibchen mancher Tiere, die noch nie Nachwuchs bekommen haben, sei es beispielsweise „nach wiederholter Erfahrung mit Jungen möglich, Fürsorgeverhalten zu erlernen, das dem von Muttertieren recht ähnlich ist“, sagt Pollak. Dies gilt zum Beispiel dafür, die Jungen aus dem Nest zurück in den Nestbereich zu bringen, wo sie warm gehalten und vor Fressfeinden geschützt werden.

Unterschiedliche Grüne wegen mangelnder Fürsorglichkeit

Normalerweise wird fürsorgliches Verhalten automatisch durch Schwangerschaft und Geburt ausgelöst. Die Mutter kümmert sich instinktiv, ohne Vorwissen, ohne Anweisungen, um ihr Kind. Allerdings können verschiedene Krankheitsbilder wie Wochenbettdepressionen oder Wochenbettpsychosen zu einem veränderten Fürsorgeverhalten und einer gestörten Mutter-Kind-Bindung führen. Jetzt konnten Forscher zeigen, dass es trotzdem einen Weg geben könnte, es herauszufinden. Die Studie zeigte, welche Schaltkreise im Gehirn man tatsächlich durch Erfahrung lernen kann. Ziel der Forschung ist es, eine Behandlungsmethode für solche Frauen zu finden. Medikamente sind dafür ebenso geeignet wie zum Beispiel Elektrostimulation, wie sie erfolgreich bei Depressionen eingesetzt wird. Dem normalerweise natürlichen mütterlichen Fürsorgeverhalten kann sozusagen auf die Sprünge geholfen werden. Aber das „Wie“ ist noch offen.

Der nächste Schritt ist die Humanforschung

Als einen der nächsten Schritte kündigte Pollak eine Studie an, um zu sehen, ob dieser Schaltkreis tatsächlich beim Menschen existiert, wie er aktiviert oder weniger aktiviert wird. Wir wissen zum Beispiel aus Beobachtungen von Adoptiveltern, dass Menschen auch fürsorgliches Verhalten lernen können. Die Forschung sollte sich daher weg vom Tier und hin zum Menschen bewegen. Ob Patienten tatsächlich auf therapeutische Interventionen ansprechen, sollte untersucht werden. Die Studie wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Daniela Pollak von der Abteilung für Neurophysiologie und Pharmakologie des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit Tibor Harkany von der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften des Zentrums für Hirnforschung der MedUni Wien durchgeführt. Es wurde in der Zeitschrift EMBO unter dem Titel „A accessory prefrontal cortex-thalamus circuits culpts mütterliches Verhalten bei jungfräulichen weiblichen Mäusen“ veröffentlicht.